Ulrich Bücholdt

Bauhistoriker, M.A. – dwb, GWWG, GBTG

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Datenbank zur Bau- und Architekturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts für den deutschsprachigen Raum

 


Architekturwettbewerbe


w0150

Rathaus in Kassel
1901/1902
Aufgabe: Rathaus
Standort: Kassel, Wilhelmsstraße / Obere Königsstraße 8 / Fünffensterstraße / Obere Karlsstraße
Grundstück 95,50 m x 54,50 m, 40 m Frontabstand zur gegenüberliegenden Bauflucht an der Oberen Königsstraße
„umfaßt das Grundstück des ehemaligen Meßhauses und den daneben liegenden Meßplatz“ / „wovon nach den Bestimmungen der Bauordnung mindestens 1/4 als Hoffläche freizulassen ist“ (Centralblatt der Bauverwaltung)
Auslobung: (09/1901)
Frist: 01.05.1902, 18.00 Uhr
Auslober: Stadt Kassel (Magistrat)
Bedingungen / Umfang: Architekten in Deutschland
Hauptansicht 1:100, alle anderen Zeichnungen einschließlich Perspektive 1:200
„Seine Architektur soll den Charakter eines Rathhauses klar zum Ausdruck bringen, wird aber an eine bestimmte Stilrichtung nicht gebunden.“ / „Das Raumprogramm ist das für ähnliche Gebäude übliche.“ (Deutsche Bauzeitung)
„Über einem Kellergeschoß soll das Gebäude ein Erdgeschoß, ein 4 m i. L. hohes Zwischengeschoß und zwei Obergeschosse erhalten. Für die Ansichtsflächen ist Haustein in Aussicht zu nehmen.“ / „Der gegenwärtige Raumbedarf an Verwaltungsräumen, Sitzungssälen usw. beläuft sich auf 6.050 qm Fläche, der Entwurf muß aber zugleich eine spätere Erweiterung der Geschäftsraume um 2.400 qm Nutzfläche aufweisen.“ / „In dem Kostenüberschlage sind bei dem Hauptbaukörper 25 Mark und für einen etwaigen Thurm 28 Mark für das Cubikmeter umbauten Raumes in Ansatz zu bringen. Die vorgesehene reine Bausumme von 1.650.000 Mark darf nicht überschritten werden. Die Kosten der Heizungs-, Ent- und Bewässerungsanlagen, sowie der Beleuchtungsleituugen sind in dieser Summe mit 150.000 Mark in Ansatz zu bringen.“ / „Es besteht die Absicht, einen der Preisträger mit der künstlerischen Bearbeitung der Ausführungsentwürfe zu betrauen und die technische Ausführung dem Stadtbauamte zu übertragen.“ (Centralblatt der Bauverwaltung)
vorgesehene Preisverteilung: 9.000 M / 2 x 5.000 M / 2 x 3.000 M / 2 x 1.000 M
Preisgericht: Regierungs- und Baurat Alfred Bohnstedt (tätig beim Regierungspräsidium Kassel)
Geheimer Oberbaurat Hermann Eggert (Berlin)
Stadtbaurat Paul Höpfner (Kassel)
Geheimer Oberbaurat Prof. Karl Hofmann (Darmstadt)
Stadtbaurat Prof. Hugo Licht (Leipzig)
Prof. Hugo Schneider (Kassel)
Prof. Friedrich von Thiersch (München)
Oberbürgermeister August Müller (1856-1926) (Kassel)
Geheimer Sanitätsrat Dr. med. Friedrich Karl Endemann (1833-1909) (Arzt, Stadtrat und Beigeordneter in Kassel, MdR)
Kommerzienrat Carl Pfeiffer (1844-1912) (Bankier, Stadtverordnetenvorsteher in Kassel)
Justizrat Dr. jur. Eduard Harnier (1854-1936) (Rechtsanwalt und Notar, Stadtverordneter in Kassel)
Tagungstermin: (verschoben auf) 14.07.1902
Anzahl der eingereichten Entwürfe: 118 oder 119
prämierte Entwürfe / Teilnehmer: 1. Preis (9.000 M): „Stadtbild“, Karl Roth (Darmstadt)
zwei 2. Preise (je 5.000 M):
- Nr. 63, „Mäh hunn's, mäh kunn's“, F. Berger (Berlin) und Felix Wilde ([Berlin-] Charlottenburg)
- „Giebel“, Jürgen Kröger mit [seinen Mitarbeitern] Peter Jürgensen und Jürgen Bachmann ([Berlin-] Wilmersdorf)
zwei 3. Preise (je 3.000 M):
- „Waldmeister“, Carl Börnstein und Emil Kopp ([Berlin-] Friedenau)
- „Volkslied“, Franz Thyriot (Köln)
zwei 4. Preise (je 1.000 M):
- „Roland“, Anton Karst und Hans Fanghänel (Kassel)
- „Nur einmal blüht im Jahr der Mai“, Hermann Max Fritsche (Bielefeld)
weitere Entwürfe / Teilnehmer: außer den prämierten in engster Wahl: „Klar und wahr“, Ernst Vetterlein (Darmstadt) / [geteilter Doppelkreis], n.n. / „Fest und unbeweglich“, n.n. / „Alt-Cassel“, n.n. / [Kleeblatt], n.n. / „Kurz und bündig“, n.n. / „Mai 1902“, n.n. / „Nach der Großväter Weise“, n.n. / „Frühling“, n.n. / „Segen sei der Mühe Preis“, Richard Michel (Frankfurt a. d. Oder);
in engerer Wahl: „Es muss doch Frühling werden“, Johann Roth (Kassel) / „Guilielmus von Nassauen“, Alfred Meyer ([Berlin-] Charlottenburg) (und weitere?)
ferner: „Hessenland“, Regierungsbaumeister H. Hausmann (Berlin) / „Simplicissimus“, Regierungsbaumeister Roger Slawski (Berlin) / „In den Spuren des Brunelleschi“, Hans Freude (Görlitz) / „Los vom Mittelalter“, Paul Burckhardt (München) / „recte faciendo usw.“, n.n. / „Jung Deutschland“, n.n. / „1. Mai 1902“, n.n. / „Fern von Madrid“, n.n. / „Westen“, n.n. / „Residenzstadt“, n.n. / „Carpe diem“, n.n. / „Mieze“, n.n. / „C.R.“, n.n. / „Mittelthurm“, n.n. / „Schomburgbrunnen“, n.n. / „Chasala 913“, n.n. / „Ab nach Kassel“, n.n. / [dreiteilges Herzblatt], n.n. / „1. Mai - Waidmannsheil“, n.n. / „Bullermännchen“, n.n. / „Pfingsten 1902“, n.n. / „Glückspiel“, n.n. / „Freitreppe“, n.n. / „Neues aus Altem - Lässt Vernunft walten“, n.n. / „Vier Eckdachreiter“, n.n. / „Kurz und bündig“, n.n. / „Wonnemond“, n.n. / „Hercules“, n.n. / „Auch ein Rathhaus“, n.n.;
„Die meisten der eingelieferten Entwürfe sind als sehr gediegene und achtungswerthe Lösungen zu bezeichnen, wenn sie auch nicht so selbständig, frei und eigenartig behandelt sind wie die preisgekrönten und einige andere Arbeiten, die in engere Wahl gekommen sind. Im allgemeinen standen die Grundrißlösungen nicht auf der Höhe der übrigen künstlerischen Leistung und deshalb sind einzelne sonst ganz vortreffliche Arbeiten ausgeschieden worden. Eigentümlicherweise waren auch Entwürfe vertreten, die bei einer stümperhaften, fast kindischen Darstellung eine hohe künstlerische Begabung und glückliche Eingebung erkennen ließen, und daneben wieder andere, die mit sicherer Hand und überlegenem Können in so roher Weise gezeichnet und so liederlich ausgeführt waren, daß die schönsten Gedanken gar nicht zur Geltung kamen.“ (Centralblatt der Bauverwaltung)
Nachbereitung des Wettbewerbs: ?
Folgen des Wettbewerbs: Ausführung 1905-1909 nach modifizierter Planung von Karl Roth durch das Stadtbauamt
Baukosten nach Planungsstand vom Sommer 1904 bei 3,2 Millionen M (!); nach Verzicht auf den schon im Wettbewerbs-Programm als Option genannten, in Roths Entwurf jedoch erst nachträglich eingeplanten Turm-Bauteil Bewilligung von 2,65 Millionen Mark (davon 340.500 M für Einrichtung / Ausstattung) durch die Stadtverordneten-Versammlung;
Erster Spatenstich 16.01.1905; Baubeginn der Maurerarbeiten 22.03.1905; Rohbau-Abnahme 16.03.1907 bzw. 11.06.1907; Schlußsteinsetzung am Hauptgiebel 12.04.1907; Montage des Dachknaufs mit Zeitkapsel 30.04.1907; Einzug der ersten Dienststellen 16.10.1908; Eröffnung des Ratskellers 03.04.1909; Einweihung 09.06.1909
Ausführung durch das Stadtbauamt unter künstlerischer Leitung von Karl Roth, Bauleitung durch Stadtbaumeister Heinrich Arnolt
Kunst am Bau von Bildhauer Prof. Wilhelm Widemann (Berlin), Bildhauer Prof. Karl Bernewitz (Kassel), Maler Prof. Waldemar Kolmsperger (sen.) (München), Maler Arno Weber (Kassel), Maler Prof. Carl Holzapfel (Kassel), Maler Hans Meyer (Kassel) [i. e. Prof. Hans Meyerkassel?], Maler Theodor Matthei (Kassel), Maler Prof. G. Zimmer (Kassel), Maler Paul Scheffer (Kassel);


(zeitgenössische Ansichtskarte, wohl vor 1912, Slg. Bücholdt)

nach schweren Kriegsschäden unter Verlust prägender Einzelheiten instandgesetzt
Quellen / Literatur: - Centralblatt der Bauverwaltung 21.1901, Nr. 73 (14.09.1901), S. 451 („Vermischtes“) (Auslobung)
- Deutsche Bauzeitung 35.1901, Nr. 75 (18.09.1901), S. 464 („Preisbewerbungen“) (Auslobung)
- Centralblatt der Bauverwaltung 21.1901, Nr. 74 (18.09.1901), S. 456 („Vermischtes“) (Erläuterungen)
- Berliner Architekturwelt 4.1901/1902, H. 7 (Oktober 1901), S. 262 (Notiz zur Auslobung)
- Berliner Architekturwelt 4.1901/1902, H. 8 (November 1901), S. 299 (kleine Erläuterungen)
- Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins Stuttgart 1902, S. 38 (Auslobung, kurz)
- Centralblatt der Bauverwaltung 22.1902, Nr. 39 (17.05.1902), S. 244 („Vermischtes“) (118 eingereichte Arbeiten)
- Berliner Architekturwelt 5.1902/1903, H. 3 (Juni 1902?), S. 102 (118 eingereichte Arbeiten)
- Centralblatt der Bauverwaltung 22.1902, Nr. 51 (28.06.1902), S. 320 („Vermischtes“) (119 eingereichte Arbeiten, Termin 14.07.1902)
- Centralblatt der Bauverwaltung 22.1902, Nr. 57 (19.07.1902), S. 356 („Vermischtes“) (Ergebnis)
- Deutsche Bauzeitung 36.1902, Nr. 58 (19.07.1902), S. 376 („Preisbewerbungen“) (Ergebnis)
- o.V.: Der Wettbewerb zur Erlangung von Entwürfen für den Bau eines neuen Rathhauses in Cassel. - in: Deutsche Bauzeitung 36.1902, Nr. 60 (26.07.1902), S. 381 f. (1/3) / Nr. 62 (02.08.1902), S. 393-397 (2/3) / Nr. 63 (06.08.1902), S. 401 + S. 403 (nur Abbildungen) / Nr. 64 (09.08.1902), S. 405-409 (3/3)
- Alfred Bohnstedt: Der Wettbewerb für ein Rathhaus in Kassel. - in: Centralblatt der Bauverwaltung 22.1902, Nr. 61 (02.08.1902), S. 379 f (1/3) / Nr. 63 (09.08.1902), S. 385 f. (2/3) / Nr. 67 (23.08.1902), S. 409-413 (3/3)
- Deutsche Bauzeitung 36.1902, Nr. 63 (06.08.1902), S. 401 (Hauptansicht Entwurf Berger und Wilde), S. 403 (Grundrisse dazu)
- Deutsche Bauzeitung 36.1902, Nr. 64 (09.08.1902), S. 405 (Hauptansicht Entwurf Karst und Fanghänel)
- Deutsche Bauzeitung 36.1902, Nr. 65 (13.08.1902), S. 415 (Hauptansicht und Grundriss Entwurf Slawski)
- Deutsche Bauzeitung 36.1902, Nr. 65 (13.08.1902), S. 420 („Preisbewerbungen“) (nennt Hans Freude)
- Deutsche Bauzeitung 36.1902, Nr. 67 (20.08.1902), S. 431 („Preisbewerbungen“) (nennt Richard Michel, erwähnt Entwurf „recte faciendo...“)
- Deutsche Konkurrenzen, Bd. 15, H. 3/4 = Nr. 171/172

- Hugo Brunner: Geschichte der Casseler Rathäuser. Festschrift zur Einweihung des neues Rathauses der Residenzstadt Cassel am 9. Juni 1909. Kassel, 1909.
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empfohlene Zitierweise:
Rathaus in Kassel 1901/1902 (Datenbank „archthek“, Auszug Architekturwettbewerbe; bearb. von Ulrich Bücholdt) – http://www.kmkbuecholdt.de/historisches/wettbewerbe/w0150.htm (Stand vom 06.01.2022, abgerufen...)

 

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