Ulrich Bücholdt

Bauhistoriker, M.A. – dwb, GWWG, GBTG

www.archthek.de

Datenbank zur Bau- und Architekturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts für den deutschsprachigen Raum

 


Emil Fahrenkamp (1885-1966)
Zwischen Mode und Moderne


 

Prof.
Emil Fahrenkamp
Architekt in Düsseldorf
geb. 08.11.1885 in Aachen
gest. 24.05.1966 in Breitscheid bei Ratingen

Ausbildung:

im Büro des Aachener Architekten Prof. Carl Sieben,
Kunstgewerbeschule Aachen (ohne Abschluss)

Mitgliedschaften:

Deutscher Werkbund (DWB), Freie Deutsche Akademie für Städtebau

 

Vita:...............Werk...............Literatur & Quellen...............Kontakt

 

Fahrenkamp absolvierte eine praktisch orientierte Ausbildung, er arbeitete gewissermaßen als Architekten-Lehrling im Büro von Carl Sieben. Den Besuch der Kunstgewerbeschule beendete er ohne einen planmäßigen Abschluss.
Ein Besuch der Technischen Hochschule Aachen kann ausgeschlossen werden, obwohl sich diese (vermutlich „historische“) Fehlinformation bis in bekannte Lexika fortgepflanzt hat. Eine „Technische Hochschule Düsseldorf“, von der in diesem Zusammenhang auch vereinzelt die Rede ist, hat es sowieso nie gegeben!

 

1909 übersiedelte Fahrenkamp nach Düsseldorf, wo er für drei Jahre als Atelierchef im Büro von Wilhelm Kreis arbeitete. Neben dieser Tätigkeit fand er Zeit, sich an Architekturwettbewerben zu beteiligen und in eigener Regie Bauten zu entwerfen und auszuführen. Zum Sommersemester 1911 kam er außerdem an die Kunstgewerbeschule Düsseldorf, wo er in den ersten beiden Semestern als Assistent von Alfred Fischer fungierte. Ab dem Sommersemester 1912 arbeitete er dort selbständig als Hilfslehrer. Im März 1915 wurde Fahrenkamp zum Kriegsdienst einberufen, erlitt nach kurzer Zeit an der Ostfront eine Verwundung am linken Arm und wurde daraufhin vom Fronteinsatz als „dauernd untauglich“ beurlaubt. Die bleibende Behinderung war aber nur leicht und bedeutete weder beruflich noch privat ein großes Handicap. Er nahm im April 1916 seine Lehrtätigkeit in Düsseldorf wieder auf.

 

1919 wurde die Architektur-Abteilung der Kunstgewerbeschule Düsseldorf an die Kunstakademie angegliedert, wie die anderen Lehrerkollegen erwarb Fahrenkamp auf diese Weise den Professor-Titel.

 

In den 1920er Jahren wurde Fahrenkamp zu einem der prominentesten Architekten in der rheinisch-westfälischen Region und zuletzt wohl auch in ganz Deutschland. Spätestens als sein Mentor und Kollege Wilhelm Kreis 1926 Düsseldorf verließ, rückte er an die Spitze der lokalen Architekten-Hierarchie. Abgesehen von seiner Fähigkeit, ein im Grundsatz traditionelles Architektur-Empfinden mit zeitgenössisch-modischen Tendenzen zu publikumswirksamen Ergebnissen zu kombinieren, half ihm bei seiner Karriere auch die offensichtliche Begabung für das Knüpfen „sozialer Netzwerke“, die einerseits lukrative Aufträge und andererseits Ämter, Würden und neuen Einfluss einbrachten. Der Prominenz Fahrenkamps ist möglicherweise auch eine „Grauzone“ in seinem Werk geschuldet: Projekte, für die Fahrenkamp als Entwerfer genannt wird, die aber vermutlich unter der Leitung ehemaliger, dann bereits selbständig tätiger Schüler oder Mitarbeiter entstanden. Für solche Kooperationen, die auch aus einer fallweisen Arbeitsüberlastung resultieren haben könnten und nicht zuletzt der Arbeit der Kollegen das Gütesiegel „Prof. Fahrenkamp“ bescherten, kommen z.B. Dr.-Ing. Fritz Kunz, Robert Hautmann oder Emil Pohle in Frage.

 

Bei Fahrenkamps guten Kontakten zur Industrie mag es kaum verwundern, dass er nach 1933 an frühere Erfolge anknüpfen konnte. Nach seinem Selbstverständnis dachte und handelte er völlig „unpolitisch“, und so ist auch der Kurs zu verstehen, auf den er die Kunstakademie Düsseldorf ab 1937 brachte. Nach dem gescheiterten Direktorat von Peter Grund mit seiner strikten Ausrichtung auf die nationalsozialistischen Kulturideale wurde Fahrenkamp zunächst kommissarischer Leiter und 1939 ordentlicher Direktor der Akademie. Er suchte die Kooperation mit der Industrie, wobei wohl weniger eine moderne Konzeption von Industriedesign eine Rolle spielte als die Perspektive, die Studierenden bzw. Absolventen der Akademie mit künstlerisch wie ökonomisch ertragreichen Aufträgen zu versorgen.

 

Fahrenkamp selbst war nicht in der Lage, seine Rolle während dieser Zeit als „staatstragend“ oder gar eine schuldhafte Verstrickung in das politische System zu erkennen. Aus seiner Perspektive hatte er sich „politischer“ Einflussnahme so weit wie möglich widersetzt, also eine fast oppositionelle Haltung geübt. Dass das von außen betrachtet ganz anders aussah, erschloss sich ihm nicht. Als er 1946 des Direktoren-Amtes enthoben wurde, empfand er das als Beleidigung und grobe Missachtung. Im Gegensatz zu den vielen anderen, die gegen solche „Bestrafung“ erfolgreich ankämpften und ihre Verstrickung schließlich vielfach vergessen machen konnten, zog sich Fahrenkamp von der Bühne der Öffentlichkeit vollkommen zurück. Für die letzten zwei Jahrzehnte seines Lebens widmete er sich privaten Bauaufträgen, die aufgrund des weitgehend intakten „unpolitischen“ Beziehungsgeflechts nach dem Einsetzen des sog. Wirtschaftswunders in großer Zahl eingingen. Die in dieser Zeit von ihm entworfenen und gebauten Wohnhäuser spiegeln mehrheitlich mit ihrer konservativen Stilistik einen auch von vielen Bauherren vollzogenen Rückzug ins Private und eine eher skeptische Haltung gegenüber der Gegenwart und ihren künstlerischen wie gesellschaftlichen Tendenzen.

 

Text: © 2004-2015 by Ulrich Bücholdt

 

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Werk:
(unvollständig)

1909-1910: Verbandswasserwerk der Gemeinden Langenfeld und Monheim (Rhld.)
1910: Wohnhaus Salierstraße 13 in Düsseldorf-Oberkassel
1910-1911: Wohnhaus Salierstraße 7 in Düsseldorf-Oberkassel
1910-1911: Wohnhaus Wildenbruchstraße 9 in Düsseldorf-Oberkassel
1911: Rathaus der Stadt Hitdorf (Rhld.)
1911-1912: Wohn- und Geschäftshaus Belsenstraße 19 in Düsseldorf-Oberkassel
1913: Wohn- und Geschäftshaus Hahne in Gladbeck (Westf.)
1914: Doppelwohnhaus Ott in Aachen, Soerser Weg 24/26
1920: Umbau des Bankhauses Alfred Fester & Co. in Düsseldorf
1920-1921: Verwaltungsgebäude der Matthes-Fischer-Werke GmbH in Düsseldorf-Lörick
1921-1922: Niederlassung Berlin der Rheinstahl Handelsgesellschaft mbH in Berlin-Neukölln
1921-1923: Niederlassung Frankfurt der Rheinstahl Handelsgesellschaft mbH
1921-1923: Niederlassung Nürnberg der Rheinstahl Handelsgesellschaft mbH
1921-1923: Fabrikanlage der F. Walther GmbH (Rheinstahl-Eisenwalther) in Erfurt
1922: Wohnhaus Rennert in Neuss
1922-1924: Fabrikanlage der Eisenlager GmbH (Stinnes-Konzern) in Essen
1923-1924: Niederlassung Düsseldorf der Rheinstahl Handelsgesellschaft mbH in Düsseldorf-Düsseltal
1923-1924: Wohnhaus für Otto Ballin in Berlin-Schmargendorf
1924-1925: Umbau eines Wohnhauses für den Textilunternehmer Peter Carl Neumann in (Wuppertal-) Barmen
1925: Fabrikanlage der Weberei Peter Carl Neumann GmbH in Zittau (Sa.)
veröffentlicht 1925: Niederlassung Stuttgart der Rheinstahl Handelsgesellschaft mbH in (Stuttgart-) Feuerbach
1925: Entwurf für das „Lochner-Haus“ in Aachen
1925: Wohnhaus „Eckartshof“ in Eckartsberg bei Zittau (Sa.)
1925-1926: Fassadengestaltung für einen Neubau des Verlags Theodor Reismann-Grone in Essen
1925-1926: Wohnhaus für den Textilunternehmer Paul Zimmermann in (Wuppertal-) Barmen
1925-1926: Geschäftshaus der Bauunternehmung Rennert & Korinthenberg in Neuss
1925-1926: Wohnhaus für den Bankier Fritz Emil Schüler in Düsseldorf-Oberkassel
1927: Lagerkeller-Hochbau der Brauerei Gebr. Stauder in Essen-Altenessen
1927: Umbau des Hotels „Monopol-Metropol“ in Köln
1927: Wohnhaus für den Sparkassendirektor Hermann Wenhold in Bremen-Riensberg
1927: Umbau des Palast-Hotels „Breidenbacher Hof“ in Düsseldorf, Königsallee
1927-1929: Parkhotel „Haus Rechen“ in Bochum-Ehrenfeld
1928-1930: Wohnhaus für Direktor Max Schwab in Düsseldorf-Oberkassel
1928: Büro- und Geschäftshaus für den Kaufmann Hugo von Othegraven in Mülheim (Ruhr)
1928: Tablettenfabrik (Gebäude E 39) der IG Farbenindustrie AG in Leverkusen
veröffentlicht 1928: Umbau des „Atlantic-Hauses“ in Bremen
1928-1929: kath. Kirche St. Mariä Geburt (Marienkirche) in Mülheim (Ruhr)
1928-1929: Wohnbebauung für den Arbeiter-Spar- und Bauverein in Mülheim (Ruhr)
1929: Hotel „Monte Verità“ in Ascona (Tessin)
1929-1930: Fabrikgebäude „B 29“ der Carl Zeiss AG in Jena
1929-1930: Umbau und Erweiterung des Kaufhauses Michel in Wuppertal-Elberfeld
1929-1930, 1934-1935 erweitert: Verwaltungsgebäude für den Deutschen Versicherungskonzern (DVK) in Berlin-Wilmersdorf
1930: Wohnhaus Emil Fahrenkamp in Breitscheid (Rhld.)
1930-1932: Verwaltungsgebäude der Rhenania-Ossag („Shell-Haus“) in Berlin-Tiergarten
veröffentlicht 1931: Wohnhaus für Dr. Walther Kruspig in Hamburg-Harvestehude
1936: „Y-Kraftwerk“ der IG Farbenindustrie AG in Leverkusen
1936-1937: verschiedene Bauten für die Reichsausstellung „Schaffendes Volk“ in Düsseldorf
1936-1937: Wohnhaus für den Unternehmer Otto Happel in Bochum-Ehrenfeld
1937: „Bayer-Atrium“ für die IG Farbenindustrie AG in Wuppertal-Elberfeld
1937-1938: Wohnbebauung der Kaisers Kaffeegeschäft AG in Viersen (Rhld.)
1937-1938: Hermann-Göring-Meisterschule für Malerei in Kronenburg (Eifel)
1937-1940: Wohnhaus für den Unternehmer Wilhelm Pützer in der Gartenstadt Meererbusch, Meerbusch (Rhld.)
1937-1939: Bürogebäude Q 30 (Pharma-Verwaltung) der IG Farbenindustrie AG in Leverkusen
1938: Gau-Ehrenmal in Essen
1938 begonnen, 1955 fertiggestellt: Berufsschule in (Mönchengladbach-) Rheydt (Rhld.)
1938-1939: Kraftwerk der Zeche „Auguste-Viktoria“ I/II in Marl (Westf.)
1939: “Deutsches Haus” auf der Internationalen Wasserbauausstellung in Lüttich / Liège (Belgien)
1939: Kraftwerk der Kaisers Kaffeegeschäft AG in Viersen (Rhld.)
1951: Verkaufspavillon der Fahrzeugwerke Lueg in Essen-Mitte
1960-1961: Kaufhaus Althoff (Karstadt, Hertie) in Herne (Westf.)

 

Palast-Hotel „Breidenbacher Hof“, Düsseldorf, 1927
(zeitgen. Ansichtskarte, Slg. Bücholdt)

„Shell-Haus“, Berlin-Tiergarten, 1930-1932
(zeitgen. Ansichtskarte, Slg. Bücholdt)

 

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Literatur:

 

August Hoff:
Architekturen, Prof. E. Fahrenkamp, Düsseldorf.
Düsseldorf: Sauer, 1925.

 

August Hoff:
Emil Fahrenkamp. Ein Ausschnitt seines Schaffens aus den Jahren 1924-1927.
Stuttgart: Hoffmann, 1928.

 

Brigitte Jacob:
Emil Fahrenkamp. Bauten und Projekte für Berlin.
Berlin: Jovis, 2007.

 

Fabian Spott:
Emil Fahrenkamps Parkhotel 'Haus Rechen' in Bochum. Ein deutsches Großstadthotel der Weimarer Republik.
unveröffentlichte Magisterarbeit, Ruhr-Universität Bochum, 1991/1992.

 

Manfred Speidel, Stefan Starek:
Emil Fahrenkamp 1885-1966.
in: Deutsches Architektenblatt 28.1996, S. 832-834

 

Christoph Heuter:
Emil Fahrenkamp 1885-1966. Architekt im rheinisch-westfälischen Industriegebiet.
[Dissertation, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 2000.]
Petersberg: Michael Imhof Verlag, 2002.

 

 

Für ergänzende Informationen und anregenden Gedankenaustausch danke ich Herrn Dr. Christoph Heuter, Wuppertal.

 


empfohlene Zitierweise:
Ulrich Bücholdt: Emil Fahrenkamp (1885-1966). Zwischen Mode und Moderne. – http://www.kmkbuecholdt.de/historisches/personen/Fahrenkamp1.htm (Stand vom 10.01.2022)

 

Kontakt:
Ihre Ergänzungen, Berichtigungen, Hinweise oder Fragen mailen Sie bitte an: ub@kmkbuecholdt.de

 

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