Ulrich Bücholdt

Bauhistoriker, M.A. – dwb, GWWG, GBTG

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Datenbank zur Bau- und Architekturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts für den deutschsprachigen Raum

 


Architekturwettbewerbe


w0784

Wohn- und Geschäftshaus-Bebauung an der Kaiser-Wilhelm-Straße
in Berlin
1884/1885
Aufgabe: Wohn- und Geschäftshaus-Bebauung beiderseits einer auf 26 m verbreiterten Straße
mit unterschiedlichen wählbaren Grundstücks-Zuschnitten bei einheitlich wirkender Fassadengestaltung (auf insgesamt rund 260 m Länge)
westliche Eckhäuser als „Brückenkopf-Bebauung“ an der 1886-1889 erbauten Kaiser-Wilhelm-Brücke über die Spree und Vis-à-vis zu Stadtschloss und Dom
Standort: Berlin (Mitte), Kaiser-Wilhelm-Straße [zuvor Kleine Burgstraße, nach 1945 → Karl-Liebknecht-Straße]
zwischen Burgstraße (Uferstraße an der Spree) [→ Vera-Brittain-Ufer] und Heiligegeiststraße [→ Heiligegeistgasse, teilweise aufgelassen]
südliche Baugruppe: Burgstraße 22 / Kaiser-Wilhelm-Straße 1/2/3 / Heiligegeiststraße 10
nördliche Baugruppe: Heiligegeiststraße 8/9 / Kaiser-Wilhelm-Straße 47/48/49 / Burgstraße
Auslobung: 02.10.1884
Frist: 08.01.1885
Auslober: Aktien-Baugesellschaft „Kaiser-Wilhelm-Straße“ (Berlin, Neue Friedrichstraße 29)
Bedingungen / Umfang: Zeichnungen im Maßstab 1:150; vier Vollgeschosse (im 2 und 3. Obergeschoss mit Wohnungen);
„Mittelalterliche Stilformen sind ausgeschlossen; für jede der beiden Grundstück-Reihen ist eine einheitlich wirkende Architektur zu wählen, die jedoch nicht streng symmetrisch zu sein braucht.“
vorgesehene Preisverteilung: 4.000 M / 2 x 2.000 M, evtl. Ankäufe je 1.000 M
(ohne Verpflichtung zur Auftragsvergabe an Preisträger)
Preisgericht: Paul Wallot (Berlin), Hermann Blankenstein (Stadtbaurat in Berlin), Hermann Ende (Berlin)
sowie als Vertreter der Baugesellschaft „Kaiser-Wilhelm-Straße“:
Baurat M. Neuhaus und Geheimer Regierungsrat a.D. Simon
Tagungstermin: 13.01.1885 und 30.01.1885
Anzahl der eingereichten Entwürfe: 41 (mit zusammen 414 Blättern)
prämierte Entwürfe / Teilnehmer: 1. Preis (4.000 M):
„Metropole“ (1), Wilhelm Cremer und Richard Wolffenstein (Berlin)
zwei 2. Preise (je 2.000 M):
„Dividende“, Matthias von Holst und Carl Zaar (Berlin) / [vierblättriges Kleeblatt], Hermann Guth (Berlin)
vier Ankäufe (je 1.000 M):
„Tausig“, Gustav Erdmann und Ernst Spindler (Berlin) / „Sunt quos“, Eduard Endell und Walter Kern (Breslau) / „Berlin 1885“, Adolf Borchard [Adolf Borchardt] (Berlin) / „Baurath“, Edgar Giesenberg (Berlin)
weitere Entwürfe / Teilnehmer: weitere zehn Entwürfe in engerer Wahl:
„Sonst und jetzt“, H. Krengel (Berlin) / „1885“, Alfred Messel (Berlin) / „Metropole“ (2), Bertsch (Frankfurt am Main) / „Kaiser-Wilhelm-Straße 1885“, S. Rinke (Berlin) / „K. W. S. I“, n.n. / „So“, n.n. / „Blick auf“, n.n. / „?“, n.n. / „§ 5“, n.n. / „Berlin C“, n.n.
außerdem:
„Mercaturae“, n.n. / „Stephanos“, n.n. / „Avanti“, n.n. / „K. W. S. II“, n.n.
Nachbereitung des Wettbewerbs: Ausstellung der Entwürfe bis 11.02.1885 im Uhrsaal der Kunstakademie
Modell eines Eckhauses an der Brücke gezeigt auf der Jubiläums-Ausstellung der Kgl. Preuß. Akademie der Künste 1886
Folgen des Wettbewerbs: Ausführung 1885-1887 nach dem Wettbewerbsentwurf von Wilhelm Cremer und Richard Wolffenstein (unter Überarbeitung der südlichen Baugruppe wegen Einbeziehung des nach dem Wettbewerb hinzuerworbenen Grundstücks Heiligegeiststraße 11) durch die AG für Bauausführungen; ornamentaler Schmuck von Bildhauer Ernst Westpfahl, Karyatiden und ruhende Löwen von Bildhauer Gustav Landgrebe, Figurengruppen an den Mittelbauten von Bildhauer Reinhold Felderhoff (?), Figuren an den Kuppelaufbauten der Eckhäuser von Bildhauer Nikolaus Geiger bzw. Bildhauer Gustav Eberlein


(Blick von der Schlossinsel nach Osten über die Kaiser-Wilhelm-Brücke zur Marienkirche,
undatiertes Foto von Waldemar Titzenthaler – größere Version auf wikimedia commons)

nördliche Baugruppe (zusammen mit der östlich benachbarten Gruppe Heiligegeiststraße / Kaiser-Wilhelm-Straße / Spandauer Straße) 1939 abgebrochen,
südliche Baugruppe wohl im Zweiten Weltkrieg zerstört
Quellen / Literatur: - Centralblatt der Bauverwaltung 4.1884, Nr. 41 (11.10.1884), S. 425 („Vermischtes“) (Auslobung)
- Deutsche Bauzeitung 18.1884, Nr. 83 (15.10.1884), S. 496 („Konkurrenzen“) (Auslobung)
- Deutsche Bauzeitung 18.1884, Nr. 91 (12.11.1884), S. 544 („Konkurrenzen“) (Programm-Nachtrag)
- Deutsche Bauzeitung 19.1885, Nr. 4 (14.01.1885), S. 24 („Konkurrenzen“) (Anzahl und Termin)
- Deutsche Bauzeitung 19.1885, Nr. 10 (04.02.1885), S. 60 („Konkurrenzen“) (Ergebnis)
- „Sch.“ [Carl Schäfer?]: Die Bebauung der Kaiser-Wilhelm-Straße in Berlin. - [vierteilig] in: Centralblatt der Bauverwaltung 5.1885,
          Nr. 6 (07.02.1885), S. 53-55 / Nr. 6A (11.02.1885), S. 61-63 / Nr. 7 (14.02.1885), S. 68-70 / Nr. 8 (21.02.1885), S. 82 f.
- „F.“: Die Konkurrenz für Entwürfe zur Bebauung der Kaiser-Wilhelm-Straße in Berlin. - in: Deutsche Bauzeitung 19.1885, Nr. 13 (14.02.1885), S. 73-77
- M. Neuhaus: Die Kaiser Wilhelm-Straße in Berlin. - in: Zeitschrift für Bauwesen 38.1888, Heft 10-12, Sp. 429-450
- Atlas zur Zeitschrift für Bauwesen 38.1888, Blatt 55-57 (Abbildungen zur nördlichen Baugruppe)
- Blätter für Architektur und Kunsthandwerk 2.1889, Nr. 3, S. 12 (Text + Grundriss), Tafel 24 (Abbildung) (nur südwestliches Eckhaus an der Brücke)
- Albert Hofmann: Siebzigste Geburtstage. II. Richard Wolffenstein. - in: Deutsche Bauzeitung 50.1916, Nr. 72 (06.09.1916), S. 378-380, hierzu S. 379 f.

im Architekturmuseum der TU Berlin:
- 8 Blätter des Wettbewerbsentwurfs von Wilhelm Cremer und Richard Wolffenstein, Inventar-Nummern 498-505
- 8 Blätter des Wettbewerbsentwurfs von Matthias von Holst und Carl Zaar, Inventar-Nummern 2479-2486
- 9 Blätter des Wettbewerbsentwurfs von Hermann Guth, Inventar-Nummern 1661-1668,1
- 9 Blätter des Wettbewerbsentwurfs von Gustav Erdmann und Ernst Spindler, Inventar-Nummern 1147-1155
- 9 Blätter des Wettbewerbsentwurfs von Eduard Endell und Walter Kern, Inventar-Nummern 1077-1085
- 10 Blätter des Wettbewerbsentwurfs von Adolf Borchard [Borchardt], Inventar-Nummern 359-368
- 13 Blätter des Wettbewerbsentwurfs von Edgar Giesenberg, Inventar-Nummern 1404-1416
- 1 Blatt des Wettbewerbsentwurfs von Alfred Messel, Inventar-Nummer 12884
baugeschichtlicher Stellenwert
des ausgeführten Entwurfs:
„Die an der reinen Antike unter schinkel’schem und nachschinkel’schem Einfluß gebildete Berliner Architekturschule hatte, auch wenn sie nach und nach zur italienischen Renaissance übergegangen war, wenig Verständnis für die besonderen Eigentümlichkeiten der Deutschen Renaissance gezeigt. Es war daher kein Wunder, wenn die Bresche, die Wolffenstein 1885 mit seinem siegreichen Entwurf für die Bauten der neu angelegten Kaiser-Wilhelm-Straße in die schwächliche neue Deutsche Renaissance im Norden Deutschlands legte, mit Beifall begrüßt wurde. Sein Entwurf nahm die Überlieferungen des Barockstiles auf, der gerade in Berlin Beispiele ersten Ranges aufzuweisen hatte, und es geschah das mit einer Entschiedenheit und mit einer Kraft, die sich im Verlauf der weiteren Entwicklung der beiden Künstler wohl verfeinerte, aber nicht steigerte. Die Bauten an der Kaiser-Wilhelm-Straße waren der Beginn einer Bautenreihe, die den Barockstil Berliner Prägung in einer entsprechenden künstlerischen Abklärung zeigt, ...“ (Albert Hofmann 1916)
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empfohlene Zitierweise:
Wohn- und Geschäftshaus-Bebauung an der Kaiser-Wilhelm-Straße in Berlin 1884/1885 (Datenbank „archthek“, Auszug Architekturwettbewerbe; bearb. von Ulrich Bücholdt) – http://www.kmkbuecholdt.de/historisches/wettbewerbe/w0784.htm (Stand vom 23.09.2022, abgerufen...)

 

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