Ulrich Bücholdt

Bauhistoriker, M.A. – dwb, GWWG, GBTG

www.archthek.de

Datenbank zur Bau- und Architekturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts für den deutschsprachigen Raum

 


Architekturwettbewerbe


w0907

Bismarck-Denkmal der Provinz Pommern
auf dem Weinberg bei Stettin
1910/1911
Aufgabe: Bautyp in der Auslobung nicht festgelegt
„Es kann eine rein architektonische, eine architektonische und figürliche oder eine überwiegend figürliche Lösung gesucht werden.“
Standort: auf dem Weinberg (Juloberg) nördlich von Stettin [Szczecin], oberhalb des am linken Oder-Ufer gelegenen Vororts Gotzlow
(Nachdem zuvor mehrere vorgeschlagene Standorte kontrovers diskutiert worden waren, stand – entgegen den Angaben in jüngeren Quellen – bei der Auslobung der Weinberg als Bauplatz endgültig fest. Lediglich die genaue Position des Denkmals auf dem Gelände blieb den Teilnehmern zur Wahl.)
Auslobung: Anfang Mai 1910
Frist: 01.02.1911
Auslober: Verein zur Errichtung eines Bismarck-Denkmals der Provinz Pommern e.V. (Stettin)
(gegründet 1908, Vorsitzender Landeshauptmann Paul von Eisenhart Rothe (1857-1923), Schriftführer Zweiter BürgermeIster Dr. jur. Karl Thode (1872-1943))
Den Baufonds stellte zur Hälfte der Provinzialverband der preußischen Provinz Pommern, die andere Hälfte wurde durch Spenden aufgebracht.
Bedingungen / Umfang: deutsche Künstler; Baukosten bei 200.000 M;
Lageplan 1:500 und
a) bei „architektonischer Lösung“: Grundrisse, Schnitte und Ansichten 1:50 sowie zwei Perspektiven oder ein Modell 1:50
b) bei „figürlicher Lösung“: zwei Perspektiven und ein Modell 1:25
„Die Gestaltung des Denkmals wird den Künstlern vollkommen freigestellt. Bedingung ist allein, daß das Denkmal von der Oder aus und auch aus der Nähe eine geschlossene und wirksame Umrißlinie erhält und einen eigenartigen Gedanken verkörpert.“
vorgesehene Preisverteilung: 4.000 M / 2.500 M / 1.500 M, sowie 1.000 M für ein oder zwei Ankäufe
Preisgericht: Prof. Hermann Billing (Karlsruhe),
Prof. Martin Dülfer (Dresden),
Prof. Fritz Schaper (Bildhauer in Berlin),
Prof. Ludwig Manzel (Bildhauer in Berlin),
Prof. Hermann Prell (Maler in Dresden),
Geh. Baurat Otto Hintze (Postbaurat in Stettin),
Geh. Baurat Emil Drews (Landesbaurat? in Stettin),
Geh. Baurat Helmuth Kneisler (Intendantur- und Baurat in Stettin),
Regierungs- und Baurat Richard Bueck (Stettin),
Regierungsbaumeister E. Wechselmann (Stettin),
und weitere [wohl Baufach-fremde] Preisrichter (Bei Auslobung wurde die Anzahl der Preisrichter auf dreizehn beziffert.)
als Ersatz-Preisrichter vorgesehen:
Prof. Hugo Behr (Direktor der Baugewerkschule Stettin), Baurat Paul Lehmgrübner (Stettin), Stadtbauinspektor Heinrich Toop (Stettin)
Von den in jüngeren Quellen genannten Preisrichtern werden Prof. Paul Wallot (Dresden), Prof. Friedrich von Thiersch (München) und Stadtbaurat Wilhelm Meyer-Schwartau (Stettin) in den zeitgenössischen Meldungen nicht erwähnt, während Landeshauptmann Paul von Eisenhart Rothe, Landrat Dr. jur. Helmuth von Brüning und Oberbürgermeister Dr. jur. Friedrich Ackermann zu den nicht namentlich benannten weiteren Jury-Mitgliedern gehört haben könnten. Der ursprünglich als Preisrichter nominierte Stadtbaurat Ludwig Hoffmann (Berlin) sagte laut seiner Autobiografie wegen anderer Verpflichtungen die Teilnahme ab.
Tagungstermin: (Anfang März 1911?)
Anzahl der eingereichten Entwürfe: 131?
prämierte Entwürfe / Teilnehmer: 1. Preis (4.000 M): „Adlerhorst“ (2), Architekt Prof. Wilhelm Kreis (Düsseldorf)
2. Preis (2.500 M): „Drei Schwerter“, Bildhauer Prof. Hermann Hosäus ((Berlin-) Grunewald)
3. Preis (1.500 M): „Stettin-Swinemünde“, Bildhauer Hermann Engel ((Berlin-) Zehlendorf)
zwei Ankäufe (je 500 M):
- „Nord-Süd-Wacht“, Architekt Wilhelm Pipping und Bildhauer Josef Moest (Köln)
- „Des Hünen Mal“, Architekt Zoeger (Stettin)
„Das Preisgericht hat einstimmig empfohlen, dem Verfasser des an erster Stelle ausgezeichneten Entwurfs die Ausführung zu übertragen, und würde es mit Freuden begrüßen, wenn dem Gewinner des zweiten Preises die Ausführung der betreffenden bildhauerischen Arbeiten übertragen würde.“
weitere Entwürfe / Teilnehmer: „Denkstein“, Wilhelm Brurein ((Berlin-) Charlottenburg)
sowie:
„Wag's, Knabe“, Hans Scharoun (* 09/1893) (ausgearbeitet, aber möglicherweise nicht eingereicht)
Nachbereitung des Wettbewerbs: Ausstellung aller Entwürfe bis 15.03.1911 in der Baugewerkschule Stettin
Folgen des Wettbewerbs:
(zeitgenössische Ansichtskarte, Slg. Bücholdt)
Ausgeführt wurde ab 1913 der Entwurf von Wilhelm Kreis als Kombination von Gedenkhalle und Aussichtsturm, daher wurde das Bauwerk häufig als Bismarck-Halle bezeichnet. Die Beteiligung von Hermann Hosäus beschränkte sich anscheinend auf eine 1921 in der Gedenkhalle aufgestellte Bismarck-Büste.
Baubeginn 1913 (Grundsteinlegung wohl am 18.10., dem 100. Jahrestag der Völkerschlacht), geplante Fertigstellung zu Bismarcks 100. Geburtstag am 01.04.1915 kriegsbedingt gescheitert, feierliche Einweihung am 10.08.1921;
1945 ff. Beseitigung der Adler-Skulpturen, einer Inschrift und vermutlich weiterer „nationalistisch“ konnotierter Details, in sanierungs- bzw. restaurierungsbedürftigem Zustand erhalten;
Bauwerk mit 8.500 qm Grundstück 2011 ff. mehrfach im Rahmen von online-Auktionen zum Kauf angeboten (zunächst für 690.000 €, später für 120.000 €)
Quellen / Literatur: - Deutsche Bauzeitung 44.1910, Nr. 36 (04.05.1910), S. 276 („Wettbewerbe“) (Auslobung)
- Zentralblatt der Bauverwaltung 30.1910, Nr. 46 (08.06.1910), S. 307 („Vermischtes“) (Auslobung)
- Deutsche Bauzeitung 1910, Nr. 50 (22.06.1910), S. 391 (Lageplan und Abbildung des Weinbergs), S. 392 („Wettbewerbe“) (Einzelheiten zur Auslobung)
- Zentralblatt der Bauverwaltung 30.1910, Nr. 90 (09.11.1910), S. 591 („Vermischtes“) (Benennung weiterer vier Jury-Mitglieder)
- Deutsche Bauzeitung 45.1911, Nr. 19 (08.03.1911), S. 160 („Wettbewerbe“) (Ergebnis)
- Zentralblatt der Bauverwaltung 31.1911, Nr. 20 (08.03.1911), S. 128 („Vermischtes“) (Ergebnis)
- Deutsche Bauzeitung 45.1911, Nr. 36 (06.05.1911), S. 312-315 + Bildbeilage (Abbildungen der Entwürfe von Kreis, Hosäus und Brurein)

- Wolfgang Schäche (Hrsg.): Ludwig Hoffmann, Stadtbaurat von Berlin 1896-1924. Lebenserinnerungen eines Architekten. [Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Beiheft 10.] Berlin: Gebr. Mann, 1983/1996. ISBN 3-7861-1388-2, S. 208
- Johann Friedrich Geist, Klaus Kürvers, Dieter Rausch (Hrsg.): Hans Scharoun. Chronik zu Leben und Werk. Berlin, 1993. ISBN 3-88331-974-0
- Ekkehard Mai, Winfried Nerdinger (Hrsg.): Wilhelm Kreis 1873-1955. München: Klinkhardt & Biermann, 1994. ISBN 3-7814-0349-1, darin:
         ◦ Ekkehard Mai: Die Denkmäler im Kaiserreich. S. 29-43 (zum Objekt S. 38)
         ◦ Ralf Schiller: Werkverzeichnis. S. 223-274 (zum Objekt S. 238)

- https://www.bismarcktuerme.de/ebene4/polen/stettin.html
Bitte beachten Sie die Erklärung zum Haftungsausschluss für Weblinks!

w0907


empfohlene Zitierweise:
Bismarck-Denkmal der Provinz Pommern auf dem Weinberg bei Stettin 1910/1911 (Datenbank „archthek“, Register der Architekturwettbewerbe; bearb. von Ulrich Bücholdt) – http://www.kmkbuecholdt.de/historisches/wettbewerbe/w0907.htm (Stand vom 11.05.2022, abgerufen...)

 

Kontakt:
Ihre Ergänzungen, Berichtigungen, Hinweise oder Fragen mailen Sie bitte an: ub@kmkbuecholdt.de

 

zurück zum Anfang dieser Seite
zum alphabetischen Wettbewerbs-Register (nach Orten)
zum chronologischen Wettbewerbs-Register (nach Jahren)
zur allgemeinen Themenübersicht
Impressum


diese Seite online seit dem 11.08.2018, letzte Aktualisierung am 11.05.2022