Ulrich Bücholdt

Bauhistoriker, M.A. – dwb, GWWG, GBTG

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Datenbank zur Bau- und Architekturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts für den deutschsprachigen Raum

 


Architekturwettbewerbe


w0090

Stadthalle und Ausstellungshalle in Hannover
1910

Ideenwettbewerb / „Skizzenwettbewerb“
Aufgabe: Saalbau mit Gastronomiebetrieb und Ausstellungshalle
Standort: Hannover, Zooviertel / Hindenburgviertel, auf der Kleinen Bult (ehem. Rennbahn), Corvinusplatz [→ Theodor-Heuss-Platz 1-3] / Clausewitzstraße
Auslobung: (02/1910)
Frist: 01.06.1910
Auslober: Stadt Hannover (Magistrat)
Bedingungen / Umfang: im Deutschen Reich ansässige Architekten
veranschlagte Baukosten: 2,1 Mio M (Stadthalle) + 450.000 M (Ausstellungshalle)
„Die Stadthalle soll zur Veranstaltung von Musik-Aufführungen, zur Abhaltung von Kongressen, zu allgemeinen Versammlungen und zu festlichen Veranstaltungen dienen. Sie sollte einen großen Konzertsaal mit Einrichtungen erhalten, die es ermöglichen, Raum für 1.800 und für 3.500 sitzende Personen zu schaffen. [...] Ein aufsteigendes Podium sollte bei Konzerten 400 Sängern und 80 Musikern Raum bieten, bei besonderen Anlässen aber so vergrößert werden können, daß 600 Sänger und ein Orchester von 120 Musikern auf ihm aufgestellt werden können. Der Saal war mit Galerien und mit der Möglichkeit der Aufstellung einer Orgel zu versehen. Neben dem Saal war eine Wandelhalle, zugleich Garderobenhalle, gewünscht mit Garderoben für eine Saalbenutzung von 1.800 Personen. Zugleich aber waren Garderoben anzulegen für eine volle Besetzung des Saales mit 5.000 Personen unter Wahrung guter Abfertigung der Besucher. Ein kleiner Saal für 600 Sitzplätze sollte für sich benutzbar sein, zugleich aber auch als Vorsaal für den großen Saal dienen können. Daneben waren anzuordnen ein Raum von 250 qm für Musikproben und kleinere Feste, ein Aufenthaltsraum für Mitwirkende, Künstlerzimmer und Nebenräume. Restaurationsräume von zusammen 700 qm mit Veranden und Terrassen waren als Tageswirtschaft sowie für die Benutzung bei den Veranstaltungen der Stadthalle zu planen. Auch eine Gartenwirtschaft, eine Wohnung für den Wirt, für den Verwalter und Schlafstellen für das Personal waren zu planen. Die Ausstellungshalle soll Ausstellungen aller Art, also namentlich auch Kunstausstellungen dienen. Es war somit die Möglichkeit der Schaffung von Ausstellungsgelegenheit für Werke der Malerei und Bildhauerei, wie auch zur Vorführung künstlerischer Raumwirkungen zu gewähren. Eine Ausstellungshalle zu ebener Erde sollte 4.000 qm Fläche enthalten und mit 700 qm Galerien umgeben sein. Die Ausstellungshalle sollte erweiterungsfähig sein, anderseits aber auch in einzelne Teile abgetrennt werden können, und sollte Eisenbahnanschluß erhalten. Auf Grund dieses interessanten Programmes [...]“ (Deutsche Bauzeitung)
vorgesehene Preisverteilung: 12.000 M / 9.000 M / 7.000 M / 5.000 M / 3.000 M, Ankäufe zu je 2.000 M vorbehalten
„Wenn auch der ausschreibende Magistrat von Hannover keine Zugeständnisse wegen weiterer Bearbeitung oder Ausführung preisgekrönter oder angekaufter Skizzen macht, so erscheint doch der Wettbewerb [...] angesichts der schönen Aufgabe und der fünf günstigen Preise und der noch vorbehaltenen Ankäufe [...] empfehlenswert.“ (Zentralblatt der Bauverwaltung)
Preisgericht: Geheimer Baurat Prof. Dr. Paul Wallot (Dresden)
Geheimer Baurat Dr. Ludwig Hoffmann (Stadtbaurat in Berlin)
Prof. Dr. phil. h.c. Theodor Fischer (München)
Stadtoberbaurat Dr. phil. Carl Wolff (Hannover)
Rudolf Friedrichs (Architekt in Hannover)
Regierungsbaumeister a.D. Prof. Bernhard Rosz [Bernhard Ross] (Hannover)
als Ersatzpreisrichter nominiert:
Geheimer Baurat Prof. Dr. Hugo Licht (Leipzig)
Baurat Heinrich Seeling ([Berlin-] Charlottenburg)
Geheimer Hofbaurat Prof. Felix Genzmer (Berlin)
Klug (Architekt in Hannover) [evtl. Senator August Klug?]
Remmer (Architekt in Hannover) [Friedrich Remmer oder Hermann Remmer?]
Stadtbauinspektor Gerhard Aengeneyndt (Hannover)
Tagungstermin: 09.07.1910
Anzahl der eingereichten Entwürfe: 84 (wohl nicht 86)
prämierte Entwürfe / Teilnehmer: drei 1. Preise (je 9.000 M):
- Nr. 13, „Dedicatum arti et voluptati“, Emanuel von Seidl (München)
- Nr. 67, Paul Bonatz und Fritz Eugen Scholer (Stuttgart)
- Nr. 82, „Wandel“, Friedrich von Thiersch mit Heinrich Lömpel (München)
2. Preis (5.000 M): Friedrich Lipp und Alfred Lorenz ([Berlin-] Charlottenburg)
3. Preis (4.000 M): Fritz Usadel (Hannover)
vier Ankäufe (je 2.000 M):
- Wilhelm Kreis (Düsseldorf)
- Nr. 63, „Springendes Pferd“, Max Wrba und Bildhauer Georg Wrba (Dresden-Blasewitz)
- Nr. 70, „Residenz“, Max Hummel und Ernst Rothe (Kassel)
- Nr. 72, „Hannibal“, Eberhard Weitbrecht (Stuttgart)
weitere Entwürfe / Teilnehmer: „Apollo“ und „Freude schöner Götterfunke“, Otto Schubert (Dresden)
[roter Stern], Friedrich Pützer (Darmstadt)
„Klappwand“, Bruno Schmitz (Berlin)
Nachbereitung des Wettbewerbs: Ausstellung ab 14.07.1910 für 14 Tage im Rathaus-Westflügel
Folgen des Wettbewerbs: Ausführung 1911-1914 nach dem Entwurf von Paul Bonatz und Fritz Eugen Scholer


zeitgenössische Ansichtskarte, Slg. Bücholdt
Quellen / Literatur: - Deutsche Bauzeitung 44.1910, Nr. 14 (16.02.1910), S. 92 („Wettbewerbe“) (Auslobung)
- Zentralblatt der Bauverwaltung 30.1910, Nr. 14 (16.02.1910), S. 92 („Vermischtes“) (Auslobung)
- Zentralblatt der Bauverwaltung 30.1910, Nr. 15 (19.02.1910), S. 98 f. („Vermischtes“) (Erläuterungen)
- Zentralblatt der Bauverwaltung 30.1910, Nr. 18 (02.03.1910), S. 123 („Vermischtes“) (Druckfehler-Berichtigung)
- Deutsche Bauzeitung 44.1910, Nr. 50 (22.06.1910), S. 392 („Wettbewerbe“) (Anzahl, Termin)
- Deutsche Bauzeitung 44.1910, Nr. 56 (13.07.1910), S. 440 („Wettbewerbe“) (Ergebnis)
- Zentralblatt der Bauverwaltung 30.1910, Nr. 57 (16.07.1910), S. 384 („Vermischtes“) (Ergebnis)
- Deutsche Bauzeitung 44.1910, Nr. 58 (20.07.1910), S. 449-453 (Abb. Entwurf Thiersch + Lömpel)
- Der Wettbewerb zur Erlangung von Entwürfen für den Bau einer Stadthalle nebst Ausstellungshalle in Hannover. - in: Deutsche Bauzeitung 44.1910,
       Nr. 58 (20.07.1910), S. 454 f. (1/2)
       Nr. 60 (27.07.1910), S. 469-474 (2/2)
- Deutsche Bauzeitung 44.1910, Nr. 60 (27.07.1910), Bildbeilage (Persp. Entwurf Usadel)
- Neudeutsche Bauzeitung 1910, Nr. 46/47 (Abb. Entwurf Otto Schubert)
- Architektonische Rundschau 27.1911, Tafel 2 (Perspektive) + Grundriss (im Textteil)

- Christmut Präger: Das Werk des Architekten Bruno Schmitz (1858-1916)... Dissertation, Ruprecht-Karls-Universität, Heidelberg 1991. S. 306 ff.
  Nachtrag zur Vorgeschichte des Wettbewerbs
Rund anderthalb Jahre vor Auslobung des Wettbewerbs berichtete die Deutsche Bauzeitung von einem ersten Anlauf zum Stadthallenbau – statt mit einem Architekturwettbewerb mit einer Art Entwurfs-Workshop (nach dem älteren Vorbild des Hamburger Rathausbaumeisterbundes):
„Stadthalle für Hannover. Aus Hannoyer erhalten wir folgende Mitteilungen: Die Stadt Hannover hat den Bau einer großen Stadthalle beschlossen, welcher auf dem schönen Gelände des Bella-Vista-Parkes errichtet werden soll. Dieser Park schließt sich dem neugeschaffenen Maschparke mit Rathaus- und Museumsbau an. Das ganze Architekturbild, welches durch Zusammenwirkung der großen Monumentalbauten geschaffen werden soll, wird ein hervorragendes sein. Es soll die Stadthalle im Frühjahr nächsten Jahres begonnen werden, und sie wird im Jahre 1911 vollendet sein. Für die baukünstlerische Gestaltung dieser großen Aufgabe ist nun die Stadt Hannover zu einem Arbeitsverfahren geschritten, welches neuartig ist, aber sich bereits beim Bau des Rathauses für Hamburg bewährt hat. Nach vom Stadt-Oberbaurat Dr. Wolff aufgestellten Programm-Skizzen bearbeitet eine Gruppe anerkannter Architekten von Hannover gemeinsam mit Wolff die Baupläne. Nach Feststellung der allgemeinen Pläne werden die baukünstlerischen Ausführungen in abgeschlossenen Gruppen von den einzelnen Architekten bearbeitet. Es wird durch dieses Verfahren ein reicher Wechsel in der künstlerischen Gestaltung, insbesondere der Innenräume, erzielt werden. Die Architekten des Stadthallenbaues sind: Stadtoberbaurat Dr. Wolff, sowie die Architekten Karl Börgemann, Emil Lorenz, Otto Lüer und Hermann SchaedtIer, sämtlich in Hannover. Von einem ursprünglich in Aussicht genommenen Wettbewerbe zur Erlangung von Plänen hat man Abstand genommen, da man mit Sicherheit erwartet, daß aus dem gemeinsamen Zusammenarbeiten der vorgenannten Architekten-Gruppe schnellere und reifere Ergebnisse erzielt werden.“
- Deutsche Bauzeitung 42.1908, Nr. 64 (08.08.1908), S. 439 („Vermischtes“)
Was aus diesem Versuch wurde, bleibt noch genauer zu ermitteln.
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empfohlene Zitierweise:
Stadthalle und Ausstellungshalle in Hannover 1910 (Datenbank „archthek“, Auszug Architekturwettbewerbe; bearb. von Ulrich Bücholdt) – http://www.kmkbuecholdt.de/historisches/wettbewerbe/w0090.htm (Stand vom 10.09.2022, abgerufen...)

 

Kontakt:
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